Vom Reden ins Tun kommen –
Sieben Praxisimpulse für Ihre Digitalisierung im Verband

  • Fabian Eberhardt
  • 9 Minuten Lesezeit

Alle reden über Digitalisierung. Doch wie kommt man vom Reden ins Tun? Wie führen gerade Verbände mit ihren speziellen Anforderungen digitale Prozesse ein? Wie geht man am besten vor, um die eigenen Mitarbeitenden für das Vorhaben zu gewinnen? Und wie gelingt der Einstieg in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess? Egal, ob Einsteiger oder Profi – mit den folgenden Praxisimpulsen treiben Verbände die Digitalisierung zukunftsorientiert voran.

Digitalisierung im Verband

Dass Digitalisierung für Verbände längst kein Neuland mehr ist, zeigt allein der Blick in die Jahresumfrage „Verbandstrends 2023“ der Deutschen Gesellschaft für Verbandsmanagement e.V. (DGVM): So führt das Trendthema „Digitalisierung weiter vorantreiben / Chancen für den Verband nutzen“ das Ranking mit über 67 Prozent an. Von den befragten Verbänden fokussiert sich also mehr als zwei Drittel auf das Thema Digitalisierung – umso spannender ist die Frage, wie und wo ein Verband konkret ansetzen kann bzw. vielleicht sogar erst startet oder den nächsten Schritt Richtung Digitalisierung geht.

1. Digitales Mindset: Warum Digitalisierung im Kopf beginnt

Heute heißt es oft „Digitalisiere sich, wer kann!“. Doch statt in Panik oder Aktionismus zu verfallen, kommt es wie so oft darauf an, einen kühlen Kopf zu bewahren. Digitalisierung beginnt immer mit einem Umdenken im eigenen Kopf: Im ersten Schritt geht es überhaupt nicht darum, sich Gedanken über Technik oder passende Lösungen zu machen. Wichtig ist stattdessen, ein Mindset und waches Gespür zu entwickeln – das heißt, sensibilisiert und aufmerksam für das Thema Digitalisierung an sich zu sein. Dabei geht es besonders darum, bereit und offen für Veränderung zu sein. Ganz entscheidend dafür sind die Motivation zur Weiterentwicklung und das Akzeptieren der Tatsache, dass wir längst in einer digitalen Welt leben.

2. Digitalisierungsstand analysieren: Wo steht Ihr Verband heute?

Mit diesem Mindset und dem aufmerksamen Blick ist es möglich, Schwächen und Potenziale des aktuellen Geschäftsmodells und der -prozesse zu entdecken und ehrlich offen zu legen. Dabei unterstützt beispielsweise ein Reifegradmodell. Dieses hilft, den eigenen Digitalisierungsfortschritt im Verband zu bestimmen, drängende Handlungsfelder zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zu entwickeln. So lässt sich beispielsweise der Grad der Digitalisierung anhand von Fragen in 12 Kriterien in den Bereichen Strategie & Organisation, Daten, Prozesse & Qualität sowie Technologie einordnen. Die Anwendung des Reifegradmodells lässt sich dabei für alle Verbandsprozesse oder für einzelne gesondert anwenden. Ein Online-Check kann in wenigen Schritten durchgeführt werden: Ihr CRM-Reifegrad.

Das Modell kann sowohl gemeinsam im Team als auch in Einzelarbeit bearbeitet werden und lädt zum anschließenden Dialog ein. Dies bietet insbesondere bei unterschiedlichen Einschätzungen eine gute Grundlage zum konstruktiven Austausch. Welche konkreten Erkenntnisgewinne können dadurch beispielsweise transparent gemacht werden? Es ist möglich, dass aktuell Daten über unterschiedliche Wege erhoben und dezentral in unterschiedlichen Systemen und Tools gespeichert werden. Gerade die Nutzung der Daten kann zeitaufwändig sein, Prozesse und Verantwortlichkeiten unklar und die Einhaltung von DSGVO-Prozessen wird evtl. als herausfordernd wahrgenommen. 

3. Von der Idee zur Umsetzung: Eine klare Digitalstrategie entwickeln

Wenn die ersten Ansätze und Ideen entstanden sind, ist der Moment gekommen, die Vorstellungen aus der Analyse in ein strukturiertes Projekt zu gießen. Dabei ist besonders Folgendes zu beachten: Wenn sich Menschen mit verschiedenen Rollen über einen Projektgegenstand verständigen, fließen neben den professionellen Sichtweisen auch persönliche Interessen ein. „Kommunikationsprobleme“, „mangelnde Zieldefinition“ und „unklares Projektverständnis“ sind die am häufigsten genannten Ursachen für gescheiterte Projekte.

Hier hilft beispielsweise ein „Project Canvas“ als Kommunikationswerkzeug zur Projektdefinition. Es gilt, elf Projektbausteine zu formulieren: drei Inputfaktoren (Budget, Team, Ressourcen), drei Transformationsfaktoren (Umfeld, Risiken, Meilensteine), drei Output-Faktoren (Ergebnis, Qualität, Kunde), den Baustein Zeit und übergeordnet den Baustein Zweck, der das Projekt erst rechtfertigt. Das Werkzeug lässt sich beispielsweise im Rahmen eines Workshops gemeinsam anwenden – sowohl in Präsenz mit Post-it als auch digital mit einem Onlineboard.

Das Project Canvas lässt sich weiter konkretisieren – etwa mit einem Lösungspartner im darauffolgenden Schritt. „Die Digitalisierung unserer Prozesse hat mehrere Abteilungen betroffen und auch ein Zusammenspiel mehrerer Softwarelösungen bedingt“, erinnert sich Roman Büttner, Leiter Personal & Verwaltung beim ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.

„Die Projektskizzierung im Rahmen des Kick-Offs hat durch die Methodik für das Projekt motiviert und für ein klares Projektverständnis bei allen Beteiligten gesorgt.“

Roman Büttner, ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
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4. Den richtigen Digitalisierungspartner finden: Worauf Verbände achten sollten 

Häufig ist ein Digitalisierungsprojekt mit der Suche nach dem passenden Lö- sungspartner verbunden. Da sich Anforderungen und Rahmenbedingungen laufend ändern, kommt es auf eine stabile Partnerschaft an, die auf Langfristigkeit ausgelegt sein sollte.

Bei der Auswahl unterstützen eine Reihe von Kriterien, die richtige Entscheidung zu treffen. So gilt es zum Beispiel, auf die Prozess- und Fachexpertise der Mitarbeitenden sowie die solide Finanzkraft des Lösungspartners zu achten. Auf Produktebene sollte die technologische Zukunftsfähigkeit, Anpassbarkeit sowie Schnittstellen-Offenheit der Lösung kritisch geprüft werden. Genauso sollten die einfache Bedienung der Software und die Möglichkeit zum mobilen Arbeiten gegeben sein. Nicht zu vergessen sind die Aspekte der Datensicherheit und der digitalen Souveränität – schließlich handelt es sich meist um personenbezogene Daten, die im Rahmen der DSGVO rechtssicher gespeichert werden müssen. 

„Flexibilität und Anpassungsfähigkeit waren von Anfang an entscheidende Kriterien bei der Einführung einer Verbandssoftware“, erklärt Max Gehann, CRM-Manager beim Verband der Automobilindustrie. „Mit einem integrierten App-Designer können wir unsere Prozesse ohne Programmierkenntnisse individuell gestalten und die Oberflächen unseren Bedürfnissen anpassen.“

Ein Tipp
Ein Tipp

Viele Digitalisierungspartner bieten kostenfreie Live-Webinare für einen ersten Einblick in die Lösungswelt und das Unternehmen an. Wichtig ist auch das Bauchgefühl beim persönlichen Kennenlernen, denn im Projekt ist die Zusammenarbeit von Menschen ganz entscheidend. Wertvolle Erfahrungen bietet auch der Dialog mit anderen Verbänden oder Unternehmen aus dem jeweiligen Netzwerk sowie auch Veranstaltungen.

5. Erfolgreiche Projektumsetzung: Mit Methode zur digitalen Effizienz

Der Projektzweck ist klar? Das Projekt freigegeben? Der Projektpartner steht fest? Dann gilt es jetzt, das Digitalisierungsprojekt zum Erfolg zu führen. Am Beispiel der Einführung einer CRM-/Verbandslösung empfehlen sich folgende Prozessschritte, die sich in der Praxis bewährt haben:

  1. Im Kick-Off-Meeting wird mit dem Project Canvas ein gemeinsames Projektverständnis geschaffen. Das ist der Moment, in welchen das Canvas vervollständigt wird. Gemeinsam wird die Rolle jedes Einzelnen im Projektteam definiert (CRM-Manager, Projektleiter, Key-User und Administrator).
  2. Die Schulung des gesamten Projektteams auf Basis der Standardlösung ist der Auftakt zur digitalen Abbildung der eigenen Prozesse. Häufig treten durch das Kennenlernen der Möglichkeiten weitere wertvolle Impulse zur Gestaltung der eigenen Prozesse zu Tage.
  3. Anschließend wird im Rahmen der Anforderungsaufnahme die Analyse und Diskussion der Prozesse durchgeführt. Dabei werden bestehende Datenbestände analysiert und für die spätere Migration qualifiziert.
  4. Die Realisierung und Abbildung der Prozesse in der neuen Lösung wird möglichst nah an den Standardfunktionalitäten der Lösung und deren Anpassungsmöglichkeiten zur Individualisierung durchgeführt (Konfiguration, keine Programmierung).
  5. Nach Fertigstellung werden alle Mitarbeitenden geschult und die neue Lösung  wird in Betrieb genommen. 

CRM-Einführung in der Praxis: Wichtige Bausteine und ihr Nutzen

Die Umsetzung in der Praxis wird von folgenden Fragen geleitet: Welche typischen Projektbausteine spielen bei der Einführung einer CRM-/Verbandslösung eine wesentliche Rolle und welchen Nutzen bringen sie? Kurz zusammengefasst liegt der Schwerpunkt meist auf der zentralen Datenhaltung und der Gestaltung effizienter Prozesse rund um Kontaktverwaltung, Mitgliederservice, Mitgliederkommunikation, Seminare/Sitzungen/Veranstaltungen, (Rechts-)Beratung und Rechnungswesen.

Weitere verbandsspezifische Projektbausteine sind:

  • Zentral gespeicherte und mobil erreichbare Daten wie Kontakte, Mitgliedsanfragen, Telefonate, Aufgaben, Beratungsvorgänge sichern aktuelle Datenqualität. Damit lassen sich Mitgliedsanfragen schnell und einfach bearbeiten. Weiterer Nutzen: Der Aufwand für Datenpflege sinkt durch Nutzung von Assistenten und die Anforderungen an den Datenschutz können einfach erfüllt werden.
  • Zu speichernde Daten sind in jedem Verband individuell. Datenstrukturen werden daher um weitere Datenfelder erweitert und Oberflächen in Form von Lesemasken, Listen und Cockpits passend gestaltet. Im Idealfall ist diese Individualisierung auch mobil über Smartphone und Tablet einsehbar.
  • Für effiziente Prozesse sorgen Assistenten zum schnellen Erfassen von Kontakten und Versenden von Mailings. Regeln und Aktionen zur Automatisierung, wie z. B. der Versand von Anmeldebestätigungen oder die Überwachung von Fristen und überfälligen Aufgaben unterstützen zusätzlich.
  • Auf Basis der wachsenden Datenstrukturen sorgen Cockpits und Auswertungen für schnelle Übersicht und liefern neue Erkenntnisse durch Auswertungen. Bestehende Daten lassen sich bei Bedarf (z. B. bei der Erstellung einer Teilnehmerliste) einfach in Excel-Listen oder PDF-Dateien exportieren.
  • Die bestehende oder wachsende Lösungslandschaft wie Webseite, Finanzbuchhaltung und Newsletter-Tool wird auf Basis von fertigen Schnittstellen oder offenen Schnittstellen wie REST Webservice verbunden. So müssen Daten nicht doppelt gepflegt, sondern können gleichzeitig für spezialisierte Systeme genutzt werden.

6. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel: Digitalisierung kontinuierlich verbessern

Herzlichen Glückwunsch! Mit dem Livegang ist die Einführungsphase des Projekts offiziell abgeschlossen. Jetzt dürfen sich alle Projektbeteiligten auf eine kleine Verschnaufpause freuen, um die erfolgreiche Einführung gemeinsam zu feiern. Doch was nun? Digitalisierung ist kein Endzustand. Neue Anforderungen entstehen, Anpassungen und auch weitere Bereiche des Verbandes kommen hinzu. Gleichzeitig entwickelt sich die gewählte Lösung weiter: Es gibt neue Versionen mit neuen Funktionen und Modulen und damit technische neue Möglichkeiten, die für den eigenen Verband neues Entfaltungspotenzial und Effizienzgewinn beinhalten.

Im Optimalfall geht das Projekt in die nächste Stufe der Weiterentwicklung und Optimierung über. Deshalb sollte das Projektteam weiter bestehen bleiben, sich regelmäßig treffen und Anlaufstelle für die Prozesse und Belange der Mitarbeitenden und des Verbandes sein. Auch Lenkungsausschüsse, Jahresgespräche oder ein Schulterblick nach dem Livegang sind eine gute Möglichkeit, zu prü- fen, ob der eingeschlagene Weg noch der richtige ist und das System rund läuft.

„Mit der Nutzung unserer Verbandslösung haben wir den Nutzen schnell zu schätzen gewusst und entwickeln immer wieder neue Ideen zur Abbildung weiterer Prozesse“, erzählt Anja Muschelknautz, stellvertretende Geschäftsführerin beim Deutschen Betonund Bautechnik-Verein e. V.

„Unsere zwei CRM-Heldinnen, wie wir unsere CRM-Manager gerne nennen, nehmen sich diesen Ideen an und kümmern sich um deren Umsetzung – ganz ohne Entwicklung.“

Anja Muschelknautz, Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein e.V.
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7. Erfolgreiche Digitalprojekte sichtbar machen und andere Verbände inspirieren

Digitale Prozesse leben von den Ideen und der Begeisterung der Mitglieder und Mitarbeitenden. Ein Digitalisierungsprojekt schafft neben dem Effizienzgewinn auch ein enormes Identifikationspotenzial und Raum fürs Mitgestalten. So kann jeder einzelne Mitarbeiter im Verband zurecht stolz sein auf das bisher Erreichte.

Dieser Mentalitätswechsel wirkt sich auch nach außen aus – Verbände, die erfolgreich Digitalisierung leben, werden ganz oft selbst zu Leuchtturmprojekten für andere, die sich davon inspirieren lassen. Das gilt zum Beispiel auch für die Mitglieder oder Mitgliederunternehmen selbst, welche die Expertise schätzen. Diese Kompetenz strahlt in alle Bereiche positiv aus und motiviert, eigene Digitalisierungsprojekte zu initiieren.

Fazit: Mutig und selbstbewusst in die Zukunft

Um zur Ausgangsfrage zurückzukehren: Wie kommt man in Sachen Digitalisierung vom Reden ins Tun? Sicher gibt es nicht das allgemeingültige Rezept oder Drehbuch für die erfolgreiche digitale Transformation. Doch gerade die vorangegangenen sieben Praxisimpulse zeigen, dass es sehr wohl in jeder Phase feste Orientierungspunkte und Vorgehensweisen gibt, die sich bewährt haben. Zu echten Vorreitern der Digitalisierung werden die Verbände, die sich dieses Wissen um die einzelnen Prozessschritte aneignen und gleichzeitig mutig und selbstbewusst genug sind, die digitale Transformation adaptiv an ihre Situation und „wahren“ Anforderungen anzupassen.

Über Fabian Eberhardt
Fabian Eberhardt ist Key Account Manager bei der CAS Software AG aus Karlsruhe. Er berät seit fünfzehn Jahren Verbände bei der Digitalisierung. Besonders wichtig ist ihm, die partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe, sowie die Mitarbeitenden und Mitglieder gedanklich in den Mittelpunkt zu stellen. So entstehen gemeinsam immer wieder neue digitale Lösungen auf Basis der adaptiven CRM/XRM + AIA-Lösungen.

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